• 沒有找到結果。

Die Gesundheitsreform 2011 in Taiwan und die institutionelle Bürgerbeteiligung

IV. Vom monistischen zu pluralistischen Demokratieverständnis

.

Zusammenfassend zeigt sich deutlich in Taiwan, dass bezüglich der Bürgerversicherung NHI und ihrer Reform die sich nach Interessen von Betroffenen orientierenden Berufsgruppen wie Arztkammer und Gewerkschaften und die pluralistischen Bürgerinitiativen, die entweder bestimmte nicht in die Berufsgruppen integrierte Interessen wie die von Patienen oder übergreifende Interessen von allgemeinen Bürgern vertreten, nebeneinander stehen. Dabei verflechten sich Interessen von Betroffenheit und Allgemeinheit in der Bürgerversicherung miteinander, zwischen ihnen bestehen aber kein intitutioneller Zusammenhang. Zwar hat der Gesetzgeber in der ersten Generation der NHI versucht, durch die Aufsichtskommission und den Verhandlungsausschuß für Bewertungsmaßstäbe die Multiinteressen in die kollektiven Verhandlungen von Versicherten, Versicherrungsträgern und Leistungserbringern und in die Durchführung dieser staatlichen Aufgaben zu integrieren, um dem deutschen Vorbild zu entsprechen. Aus derselben Überlegung verstärkt der Gesetzgeber in der zweiten Generationn der NHI die Teilnahme an Entscheidungsprozessen von Interessengruppen und die integrierende Funktion des NHIC und des Verhandlungsausschusses für Bewertungsmaßstäbe. In der jungen demokratischen Gesellschaft fehlt es allerdings institutionellen Rahmenbedingungen der Selbstregulierung. Demgegenüber kann die durch den Versicherungsträger verkörperte Staatsverwaltung nach wie vor eine führende Rolle bei der sozialpolitischen Entscheidung spielen, aber unter bestimmten Umständen kann sie auch punktuell von der Gesellschaft oder von Politikern aus derselber Partei durch politische Mobiliserung abgelenkt wird. Diese vom deutcchen Modell abweichende Entwicklung ist in der Literatur als staatlicher Korporatismus bezeichnet33

Wenn man auf die Geschichte vor und nach der Einhfürhung der HNI sowie den Vorgang ihrer Reform 2011 zurückblickt, dann bemerkt man, dass trotz der allmählichen Realisierung des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips seit 1987 es noch fraglich bleibt, ob in Taiwan ein gesamter Volkswille aller Staatsangehörigen bezüglich der Sozialpolitik durch Präsidenten- und Parlamentswahl zu ermitteln ist. Das Scheitern des „gesamteinkommenabhängigen Beitrages für Haushaltseinheit“ bei der Gesundheitsreform 2011 zeigt auch, dass die herrschende Partei nicht in der Lage ist, ihre Amtswalter und Abgeordneten, derer

. Wie bewertet man dieses Entwicklungsprozess in Taiwan aus dem Perspektive der demokratischen Legitimation?

Ist das in der juristischen Literatur ausgeführte zentralisierte Demokratieverständnis ein geeigneter Ansatzpunkt dafür?

31 Lin, Kuo-Ming, supra note 7, pp. 157-158 (Chinesisch).

32 Nach den bekannt gegebenen Beschlussprotokollen des NHIC sind die Vertreter aus dem Komsumverein, dem Krankenhäuserverein, Arztkammern und Gewerkschaften im Vergleich zu denen aus anderen Gruppen wie den Bauer- und Fischervereinen und Sachverständigen aktiver.

33 Department of Health, supra note 27, pp. 22, 50-57 (Chinesisch).

17

demokratische Legitimation parallel auf denselben Volkswille zurückzuführen ist, zu einer einheitlichen Politiklinie anzuhalten. Vielmehr ist die Domokratie angesicht der Entwicklungsphase in Taiwan nach dem pluralistischen Verständnis als freie Selbstbestimmung des einzelnen Menschen zu konziperen34. In diesem Kontext ist allerdings zu beachten, dass die in der deutschen Literatur umstrittene Frage der demokratischen Legitimation im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung und der Richtlinien des Gemeinsamer Bundesausschusses für die Legitimationsfrage der NHI in Taiwan von weniger Bedeutung ist35, weil keine der in die Beratungs- und Entscheidungsprozesse herangezoenen Vereinigungen als finktionale Selbstverwaltung geformt ist. Sowohl die Gewerkschaften als auch die Arztkammer und der Krankenhäuserverein sind rein privatrechtliche juristiche Personen36

Ungeachtet des Problemspunktes der demokratischen Legitimation funktionaler Selbstverwaltung ist die Wahrnehmung des pluralisitschen Modells ist im Hinblick auf die demokratischen Entwicklung in Taiwan sehr wichtig. Nur wenn man konkretes Angliegen jedes Bürgers in seinem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext berücksichtigt, kann das Kernproblem der Sozialversicherung in Taiwan bei der Gesetzgebungsverfahren und bei der unmittelbaren Staatsverwaltung ernstgenommen werden. Dazu trägt die Hypothese einer Gesamtheit des Volkswilles nichts bei. Wie oben ausgeführt ist bisher das Füreinander-Besußtsein aller Bürger als Fundament sozialstaatlichen Gebens und Nehmens in der jungen demokratischen Gesellschaft noch nicht tief gewurzelt. Im Sozialversicherungswesen bekämpfen die Bürger noch gegen die Nachwirkung ungerechter Finanzmittelverteiung während der autoritären Herrschaft; das gegenseitige Vertrauen von Versicherten am staatlichen System ist noch zu bilden

. Auch die Oragnisationsform der im NHI Act vorgeschriebenen Gremien ist verwaltungsintern konstruiert. Ihre Beschlüsse, an denen Vertreter aus Beitragszahlern, Ärztkammern, Kranekhäuserverein, Sachselbständen, darauf bezogenen Behörden und weiteren unparteiischen Mitgliedern zusammengewirkt haben, müssen mit der Genehmigung vom Exekutive Yaun oder Ministerium für Gesundheit und Soziale und in seinem Namen bekannt gegeben werden. Die Ministerialverwaltung kann nur in Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung Hoheitsgewalt ausüben. Damit ist die personale und sachlich-inhaltiche Legitimation der Beschlüsse der Gremien in der NHI begründet.

37. Dafür ist ein offenes, transparentes Entscheidungsverfahren sowohl bei der Gesetzgebung als auch bei der unmittelbaren Staatsverwaltung erforderlich, weil Verteilungsgerechtigkeit im demokratischen Sozialstaat Verfahrengerechtigkeit voraussetzt38

Demzufolge kann mindest eine Zwei-Ebene von Bürgerbeteiligung entwickelt werden: Das durch die . Ohne ausreichende Bürgerbeteiligung kommt das soziale Mitgefühl nicht in Sicht.

34 Haverkate, Görg, Verfassungslehre, 1992, S. 339-341; zusammenfassend siehe Hanebeck, Alexander, Bundesverfassungsgericht und Demokratieprinzip, DÖV 2004, 901-909.

35 Kluth, Winfried, Demokratische Legitimation in der funktionalen Selbstverwaltung – Grundzüge und Grundprobleme, in:

Friedrich Schnapp (Hrsg.), Funktionale Selbstverwaltung und Demokratieprinzip – am Beispiel der Sozialversicherung, 2001, S.

17-43; Kingreen, Thorsten, Verfassungsrechtliche Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis des Gemeinsamen Bundesausschusses imGesundheitsrecht, NJW 2006, S. 877-880; Derselbe, Kanppheit und Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen, VVDStRL Bd. 70, 2011, S. 152 (176-180); Heinig, Hans Michael, Der Sozialstaat im Dienst der Freiheit, 2008, S. 475-505; Neumann, Volker, Verantwortung, Sachkunde, Betroffenheit, Intresse: Zur demokratischen Legitimation der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, NZS 2010, 593-600. Vgl. BVerfGE 107, 59 (Lippeverband-Entscheidung).

36 In Taiwan sind nur Bewässerungsvereine als funktionale Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert.

37 Vgl. Haverkate, Görg, Fn. 34, S. 296-298.

38 Kingreen, Thorsten, Kanppheit und Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen, VVDStRL Bd. 70, 2011, S. 152 (175-176).

18

gesamte Bürger gewählte Parlament muss die wesentliche Verteilungsentscheidung treffen und gemäß der J.

Y. Interpretation No. 524 Rechte und Pflichte von Versicherten konkret vorsehen. Bezüglich der medizinischen Versorgung als Versicherungsleistungen ist aber das Wesentlichkeitsprinzip oft nicht durchführbar, daher muss die Konkretisierung der Krankenbehandlung auf die Verwaltung verlagert werden, weil dort sinnvolle Abwägungen vorgenommen werden können. Die Verfassungsrichter haben in der J. Y.

Interpretation No. 524 die gesetzlichen Ermächtigungen an dem bezüglichen Ministerium, den Inhalt und Ausschluss von Krankenbehandlungen präziser zu erzängzen, allgemein erlaubt, zugleich ein hoches Niveau der Bestimmtheit und Klarheit der Ermächtigungsklause verlangt. Davon ausgehend ist mit dem pluralisitschen Gesichtspunkt zu fordern, dass der Gesetzgeber eine hinreichend breite Interessenintegration in die Entscheidung der Verwaltung ermöglichen, die Verfahrensteilnahme der Betroffenen an der Entscheidung sicherstellen und staatliche Mitwirkungs- und Aufsichtsrechte vorsehen soll39. Um sinnvolle Bürgerbeteiligung auf der zweiten Ebene zu verwirklichen, hat der Gesetzgeber dem Grundkonzept der zweite Genration der NHI zufolge die Informationentransparenz und die Rekonstruierung der Partizipationsmechanismen in die neuen Fassung des NHI Act ausführlich einbezogen, die dazu beitragen, die Kompetenz der Bürgergesellschaft gegenüber den Fachgruppen und dem Staat zu befähigen, das Füreinander-Bewußtsein aller Bürger auszuprägen und damit ausreichendes demokratisches Legitimationsniveau der Staatsverwaltung zu vermitteln40

Darüber hinaus hat der Gesetgeber bei der Gesundheitsreform 2011 in Taiwan die Möglichkeit der dritten Ebene der Bürgerbeteiligung in einer relativ milden Weise eröffent. Das NHI Act ermächtigt dem NHIC einen Spielraum, die demokratische Legitimation seiner wichtigen sozialpolitischen Entscheidungen durch Bürgerkonferenz oder Bürgerforum herzustellen. Die auf der Idee deliberativer Demokratie beruhende Regelung richtet über berufliche oder finanzielle Betroffenheit hinaus auf allgemeine Bürger aus, zielt nicht auf Interessenverhandlungen, sondern auf Konsensbildung ethischer Solidarität über bestimmte konkrete Maßnahmen der Verwaltung, was bei der Parlamentswahl oder den Verhandlungsverfahren von Betroffenen nicht erfolgen kann. Die Verbindlichkeit von Beschlüssen derartiger Bürgerbeteiliung hat der Gesetzgeber offen gelassen. Die Antwort kann man im Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzip finden: Das NHIC kann nur im Rahmen seiner gesezlichen Aufgaben vor der Entscheidung Unterstützungen von Bürgern suchen, Insoweit ergänzt die deliberative Demokratie die Legitimation der Entscheidung der Staatsverwaltung, ersetzt aber nicht ihre politische Verantwortung

.

41

V. Resumee

.

Seit der politischen Demokratisierung in Taiwan stellt sich die Frage, statt der autoritären Herrschaft wer nun den Staat eigentlich regiert. Die Hauptaktuere im neuen politischen System sind vor allem die Bürokratie, Partei und politische Eliten aus dem alten autoritären Regime, Kapitalisten, lokale politische

39 Ebsen, Ingwer, Rechtsquellen in: Betram Schulin (Hrsg.), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1:

Krankenversicherung, 1994, § 7 Rn. 19. Vgl. BVerfGE 33, 125 (159): „Grundgedanke derartiger Ausübung von Hoheitsgwalt ist die Heranziehung der in den gesellschafltichen Gruppen lebendigen Kräfte zur Ordnung der sie besonderes berührenden Angelegenheiten in eigener Verantwortung“.

40 Vgl. Lin, Chih-Hong & Lue, Jen-Der, The Social Groups Participation in the Policy-Making of National Health Insurance: The Global Budgeting as an Example, No. 76, December 2003, pp. 159-210 (Chinesisch).

41 Rei, Wenmay, supra note 17, pp. 57-81(Chinesisch).

19

Bündnissen und lebendige Bürgerinitiativen. In der Literatur ist ihre Beziehungen miteinander und Mitwirkung in der politischen Willensbildung analysiert42. Im Bereich der Sozialversicherungssysteme konnten in neuzigen Jahren Bürokratie und politische Eliten noch durch ihren überwiegenden Einfluß gegenüber aller anderen Aktueren die versichenden berufständischen Sozialversicherungen in die Bürgerversicherung integrieren. Durch den Erlass des NHI Act ist zum ersten Mal eine umfassende Umverteilung durchgeführt und ein auf Herkunfte, Berufe und soziale Klassen übergreifendes Füreinander-Gefühl geprägt43. Dies ist aber in der jungen demokratischen Gesellschaft unstabil und nicht verwurzelt. Die herkömmlichen Interessenkonflikte zwischen Begünstigen und Benachteiligten sind nicht entgültig gelöst; das fehlende Vertrauen von Bürgern am System verhindert weitere Anpassungs- und Reformmaßnahmen der NHI. Diese Herausforderung kann nur durch mehre Transparenz der Entscheidungsverfahren und mehrstufige Bürgerbeteiligung bewältigen werden. Der solidarischen Konsens aller Bürger über die Nachhaltigkeit der NHI besteht nur unter der Voraussetzung der Verteilungsgerechtigkeit, die im demokratischen Sozialstaat durch Verfahrensgerechtigkeit zu erreichen ist.

42 Wang, Jenn-Hwan, Who Governs Taiwan Actually? The State and Structure of Power in Political Transition, 1996 (Chinesisch).

43 Lue, Jen-Der, Solidarity with Disadvantaged: Seeking Foundations of Justice in the Nation Health Insurance, A Quarterly in Social Studies, No. 51, September 2003, pp. 51-94 (Chinesisch).